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Wie war das noch einmal mit dem Urlaub und der Verjährung?

Auch zum Jahresende hin bleibt es im Urlaubsrecht spannend. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr in einer aktuellen mit Spannung erwarteten Entscheidung die Vorgaben des EuGH zur Verjährung von gesetzlichen Urlaubsansprüchen umgesetzt (EuGH v. 22.09.2022, Az.: C-120/21; BAG v. 20.12.2022, Az.: 9 AZR 266/20).

Um was ging es?

Zwar liegt bislang nur die Pressemitteilung des BAG vom 20.12.2022 (Nr. 48/22) vor, jedoch werden daraus bereits die rechtlichen Leitplanken, die zukünftig bei der Verjährung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zu beachten sind, deutlich.
Vorab stellt das BAG fest, dass die Bestimmungen über die Verjährung (§§ 214 Abs. 1, 194, 199 ff. BGB) auch auf den gesetzlichen Urlaubsanspruch anzuwenden sind, aber es sind Besonderheiten zu beachten.

Wie war der zu entscheidende Fall?

Diese Besonderheiten zeigt das BAG dann anhand des zu entscheidenden Falles auf. Vorliegen hatte das Gericht den Sachverhalt einer Steuerfachangestellten, die ein durchgehendes Arbeitsverhältnis von 1996 bis 2017 hatte. Bis zur Beendigung hatte sich eine erhebliche Anzahl an nicht genommener Urlaubstage angesammelt. Über den Umfang bestand zwischen den Parteien Streit. Der Arbeitgeber nahm eine Abgeltung von 14 Urlaubstagen nach § 7 Abs. 4 BUrlG vor. Die Arbeitnehmerin verlangte die Abgeltung weitere 101 Urlaubstage.

Wie entschieden die Vorinstanzen?

Das Arbeitsgericht wies die Klage mit dem Argument der Verjährung ab. Das Landesarbeitsgericht sprach hingegen 76 weitere Urlaubstage zur Abgeltung zu. Die vom Arbeitgeber erhobene Einrede der Verjährung wies das LAG zurück.

Was sagt nun das BAG?

Das Bundesarbeitsgericht hat den Fall zunächst dem EuGH vorab vorgelegt. Zu beurteilen war, die Frage, wie die Zielsetzung der Verjährungsvorschriften mit der Gewährleistung von Rechtssicherheit und der Zweck des Urlaubsanspruchs die Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten (Art. 31 Grundrechtecharta EU) sich zueinander verhalten. Der EuGH hat Letzterem dem Vorrang eingeräumt und weist daraufhin, dass es der Arbeitgeber selbst in der Hand hat, die Rechtssicherheit herzustellen, indem er gegenüber dem Arbeitnehmer seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten erfüllt. Kommt er dem nicht nach, dann darf ihm das nicht zum Vorteil gereichen.

In dieselbe „Kerbe“ schlägt nunmehr das BAG.

Die Verjährungsfrist findet Anwendung, aber § 199 BGB ist richtlinienkonform so auszulegen, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen hingewiesen hat sowie den Arbeitnehmer aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen.

Im zu entscheidenden Fall hat der Arbeitgeber das nicht gemacht, weswegen die erhobene Einrede der Verjährung zurückzuweisen war.

Fazit:

Den „ewigen“ Urlaubsanspruch gibt es eigentlich nicht, aber in der Praxis fühlt es sich für viele Arbeitgeber so an.

Beitragsbild von NickyPe on Pixabay