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Arbeitszeiterfassung neu gedacht – Elektronisch oder doch weiter mit Stift und Papier?

Ein weiterer Paukenschlag aus Erfurt, der vielleicht aber gar keiner ist, hat uns Ende letzten Jahres noch erreicht. Schon seit längerem wird in der Fachpresse über eine Verpflichtung der Arbeitgeber zur Einführung einer elektronischen Zeiterfassung diskutiert. Befeuert wurde die Diskussion durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der einer Verpflichtung der Arbeitgeber zur Etablierung eines „objektives, verlässliches und zugängliches System“ zur Arbeitszeiterfassung sah (EuGH v. 14.05.201, Az.: C-55/18). Unklar war, ob damit eine elektronische Erfassung gemeint ist.

Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr nachgelegt.

Wie war der Fall?

Eher atypisch. Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber war ein Streit über die Frage entbrannt, inwieweit der Betriebsrat die Einführung eines elektronischen Zeiterfassungssystems erzwingen kann. Es ging also um die Grenzen der Mitbestimmung nach § 87 BetrVG. Der Betriebsrat begehrte eine entsprechende Feststellung vor dem Arbeitsgericht, nachdem der Arbeitgeber die Zuständigkeit der Einigungsstelle bemängelt hat.

Wie sind die gesetzlichen Regelungen?

Zur Zeiterfassung enthält das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) nicht viele Regelungen.

§ 3 ArbZG legt im Wesentlichen den Achtstundentag fest, wobei eine Ausweitung auf 10 Stunden möglich ist, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt wieder der Achtstundentag erreicht wird.

§§ 4, 5 ArbZG regelt die gesetzlichen Ruhepausen und Ruhezeiten.

Erst in § 16 Abs. 2 ArbZG heißt es dann lapidar, dass „der Arbeitgeber verpflichtet ist, die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen…“

Dies betrifft jedoch nur die Arbeitszeiten, die über die 8 Stunden täglich hinausgehen. Eine allgemeine Aufzeichnungspflicht ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.

Was sagt nun das BAG?

Das Bundesarbeitsgericht weist zunächst darauf hin, dass ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG nur insoweit gegeben ist, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht.

In unionsrechtskonformer Auslegung sieht das Bundesarbeitsgericht eine solche gesetzliche Regelung in § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG.

§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG statuiert bereits eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Arbeitszeiterfassung, weswegen dem Betriebsrat kein Initiativrecht zukommt.

Fazit:

Es ist nunmehr geklärt, dass es eine Pflicht zur Erfassung der Arbeitszeiten gibt. Wie dies zu erfolgen hat, schreibt jedoch der EuGH noch das BAG den Arbeitgebern vor. Eine Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung besteht somit nicht.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 (Nr. 35/2022)

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